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Vorschau auf die 67. Berlinale. Von Walter Gasperi

Vorschau auf die 67. Berlinale. Von Walter Gasperi

Die gewohnt bunte Mischung bietet der Wettbewerb der heurigen Berlinale (9. – 19.2. 2017.). Die grossen Namen sind eher dünn gesät, mehrere Berlinale-Stammgäste drücken dem Bären-Rennen den Stempel auf.

Eröffnet wird die heurige Berlinale mit einem Debüt: Etienne Comar darf sein Biopic „Django“, das Einblick in das Leben des legendären Gitarristen Django Reinhardt bietet, an dieser medial viel beachteten Position präsentieren. 
Einziges weiteres Debüt im 18 Filme umfassenden Wettbewerb ist Josef Haders „Wilde Maus“. Dass der österreichische Schauspieler und Kabarettist bei dieser Tragikomödie nicht nur Regie führte, sondern auch selbst die Hauptrolle spielt, versteht sich fast von selbst.

Berlinale-Stammgäste
Von diesen beiden Newcomern abgesehen fällt die grosse Anzahl von Berlinale-Stammgästen im Wettbewerb auf. Der Bogen spannt sich hier vom rumänischen Berlinale-Sieger Calin Peter Netzer (Goldener Bär 2013 für „Mutter & Sohn“), der in „Ana, mon amour“ von der Beziehung zwischen einem jungen Mann und der psychisch kranken Ana erzählt, bis zu dem für seine exzentrischen Filme bekannten Japaner Sabu, der mit „Mr. Long“ eingeladen wurde.
Gespannt sein darf man auf den neuen Film des Amerikaners Oren Moverman – der einzige US-Beitrag im Bärenrennen -, der 2009 mit „The Messenger“ auf der Berlinale einen starken Eindruck hinterliess. Heuer bringt Moverman mit „The Dinner“ ein mit Richard Gere, Steve Coogan, Laura Linney und Rebecca Hall glanzvoll besetztes Thriller-Drama an die Spree.
Bei der Britin Sally Potter erinnert man sich im Zusammenhang mit der Berlinale wohl zunächst an den Massenexodus aus dem Kinosaal, den 2009 ihr höchst experimenteller Film „Rage“ auslöste. Dass sie freilich auch eingängiger erzählen kann, bewies sie zuletzt mit „Ginger und Rosa“, sodass man sich von dem als Komödie angekündigten „The Party“ gerne überraschen lässt.

Gefeiert wurde dagegen in Berlin 2013 „Gloria“ des Chilenen Sebastián Lelio. Mit „Una mujer fantástica“ scheint er nun – zumindest dem Titel nach – seinem fulminanten Porträt der Mittfünzigerin Gloria ein weiteres Frauenporträt folgen zu lassen.

Der neue Kaurismäki
Auch Aki Kaurismäki hat im Rahmen der Berlinale in den späten 1980er Jahren seinen grossen Durchbruch gefeiert, seine letzten Filme freilich liefen im Wettbewerb von Cannes. Die Berlinale kam wohl nun zum Zug, weil „The Other Side of Hope“ aufgrund des Kinostart-Termins im Frühjahr für Cannes nicht in Frage kam. 
Ein klassischer Kaurismäki ist wohl zu erwarten, wenn der Finne von einem syrischen Flüchtling erzählt, der in einer Hafenstadt auf einen finnischen Verkäufer trifft. Die aktuelle Thematik und die Meisterschaft von Kaurismäkis letzten Filmen schrauben hier die Erwartungen in die Höhe.

Starke deutsche Präsenz
Während das deutsche Kino im letzten Jahr im Wettbewerb nur mit einem Film - dem umstrittenen Abtreibungsdrama „24 Wochen“ - vertreten war, wurden heuer wieder drei Filme eingeladen – alle von Regisseuren, die schon mit früheren Filmen im Wettbewerb des grössten deutschen Filmfestivals vertreten waren. 

Andres Veiel, der zuletzt mit dem Terrorismusdrama „Wer wenn nicht wir“ einen Spielfilm drehte, kehrt mit seinem Künstlerporträt „Beuys“ zu seinen aufregenden dokumentarischen Anfängen („Black Box BRD“, „Der Kick“) zurück.

Gespannt sein darf man auch auf „Helle Nächte“, in dem Thomas Arslan nach seinem grossartig lakonischen Western „Gold“ einen Mann mit seinem 13-jährigen Sohn mit der Hoffnung auf einen Neubeginn auf eine Reise nach Nordnorwegen schickt.

Nach seiner Verfilmung von „Homo Faber“ (1991) orientiert sich der auf Literaturverfilmungen spezialisierte Volker Schlöndorff mit „Rückkehr nach Montauk“ ein weiteres Mal am Werk des Schweizer Schriftstellers Max Frisch, allerdings handelt es sich nicht um eine Verfilmung von dessen Erzählung „Montauk“.

Kult und Comic ausser Konkurrenz
Während die USA im Wettbewerb nur mit einem Film vertreten sind, lassen sie es ausser Konkurrenz mit James Mangolds „Wolferine“-Sequel „Logan“ krachen. Neben dieser Comicverfilmung wird hier auch Danny Boyles Fortsetzung seines Kultfilms „Trainspotting“ für Aufsehen sorgen („T2 Trainspotting“). Ein saftiges Kinostück könnte auch der für seine deftigen und grotesk-überdrehten Filme bekannte Spanier Alex de la Iglesia mit „El Bar“ beisteuern, während die Premiere von Martin Provosts „Sage Femme“ Catherine Deneuve und Olivier Gourmet an die Spree locken könnte.


Berlinale-Specials
Wie gewohnt finden sich aber auch in den anderen Sektionen Titel und Regisseure, die Interesse wecken. So feiert in den „Berlinale Specials“ nicht nur die restaurierte Fassung von Rainer Werner Fassbinders TV-Serie „Acht Stunden sind kein Tag“ Weltpremiere, sondern auch James Grays Abenteuerfilm „The Lost City of Z“ und Raoul Pecks „Der junge Karl Marx“ werden in diesem Rahmen gezeigt. Sam Garbarski präsentiert in dieser Sektion die in der Nachkriegszeit spielende Komödie „Es war einmal in Deutschland…“ und Fernando Trueba die Tragikomödie „La reina de Espana“.

Panorama, Forum und Generation
Die Programmschiene „Panorama“ zeigt zu den Schwerpunkten „Schwarze Welten“ und „Europa Europa“ zahlreiche Dokumentarfilme, aber auch neue Spielfilme wie Luca Guadagninos „Call Me By Your Name“, Eric Poppes „The King´s Choice“ oder „Tiger Girls“ von „Love Steaks“-Regisseur Jakob Lass fehlen hier nicht.
Auch das „Internationale Forum des Jungen Films“ legt sein besonderes Augenmerk auf den Formenreichtum des Dokumentarfilms, präsentiert aber selbstverständlich auch Spielfilme wie Alex Ross Perrys „Golden Exits“ oder Raja Amaris „Foreign Body“.
Einen Blick auf das deutsche Nachwuchskino ermöglicht mit 14 Filmen die „Perspektive Deutsches Kino“, während für die Sektion „Generation“ 62 Lang- und Kurzfilme, in denen Kinder und Jugendliche im Mittelpunkt stehen, ausgewählt wurden.

Science-Fiction in der Retrospektive
Nicht fehlen darf freilich auch die Retrospektive, die unter dem Titel „Future Imperfect. Science-Fiction-Film“ 27 internationale Spielfilmen, darunter Klassiker, Kultfilme und weitgehend unbekannte Produktionen etwa aus Japan sowie Mittel- und Osteuropa wie „Ikarie XB 1“ des Tschechen Jindřich Polák präsentiert.
(Walter Gasperi)