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Jane

US 2017, OV/df, 90', Regie: Brett Morgen, Dokumentarfilm mit Jane Goodall

Jane

Filmkritik von Dominic Schmid

Eine Spinne, zwei Raupen, Vögel und Echsen in paradiesischen Farben, ein gemütlich auf einem hohen Ast sitzender Pavian. Dazu sanfte Dschungelgeräusche, getragen von leicht anschwellenden Streichern. Dann beim Bild einer Schlange das Geräusch eines Motorbootes, das den ersten Menschen zu diesem Ort trägt.

Die Entdeckung des Paradieses und dessen Verlust ist in diesen ersten Bildern und Tönen von Jane bereits so deutlich angelegt, dass man sich fast in einem Film von Terrence Malick wähnt. Doch es handelt sich nur um den ersten von mehreren symbolischen Momenten, die in diesem sensationell geschnittenen Dokumentar­film angelegt sind, wobei jede scheinbar eindeutige Interpretation mit Vorsicht zu geniessen ist.

Der grösste Teil von Jane, vordergründig ein Biopic-/Porträtfilm über die bekannte Schimpansenforscherin und -fürsprecherin Jane Goodall, besteht aus Filmmaterial, das erst kürzlich nach fünfzig Jahren aus dem Archiv von «National Geographic» geborgen wurde und das sich Regisseur Brett Morgen angeeignet hat. Und man kann tatsächlich von einer Aneignung im Sinn einer Bemächtigung sprechen: Das Material wurde seinerzeit von Jane Goodalls erstem Ehemann, dem Naturfilmer Hugo von Lawick, aufgenommen. Brett Morgen aber hat es für seinen Film in vielfältiger Form umgeschnitten, angepasst, umgedeutet und farb-­«korrigiert» – alles im Namen einer «filmischen Wahrheit», die sich im Gegensatz zu blosser Objektivität ausschliesslich der subjektiv empfundenen Realität Jane Goodalls verpflichtet fühlt. So sehen wir am Anfang des Films Jane alleine jene paradiesische Umgebung des nigerianischen Nationalparks Gombe erkunden, wo sie später ein Forschungsreservat gründet und den Grossteil ihres Lebens verbringt. Dass diese Bilder aus einer späteren Zeit stammen, in der Hugo bereits zu ihr gestossen war und von Einsamkeit und Unberührtheit also kaum mehr die Rede sein kann, bleibt in seiner irritierenden Achronologie unkommentiert. Auch die zahlreichen Schuss-Gegenschuss-Konstruktionen, die in keiner Weise den Originalaufnahmen entsprechen können, dienen der Logik einer filmischen Erzählung, deren Absichten ganz woanders liegen müssen als in der neutralen Wiedergabe von gefundenem Filmmaterial. Obwohl diese Eingriffe gross sind, stellen sie doch nie – ausser vielleicht für die vehementesten Authentizitätsfanatiker_innen – ein moralisch-ästhetisches Problem dar. Brett Morgens Formung des Materials vermag diesem vielmehr Ideen und Bedeutungen zu entlocken, die dessen objektiver Bildgehalt niemals hergegeben hätte. So erweist sich jede einzelne der Bildmanipulationen gerechtfertigt.
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