L'Adieu à la Nuit
Filmkritik von Lukas Foerster
Mit einer Sonnenfinsternis fängt es an, einem jedem menschlichen Handeln unzugänglichen Naturereignis, das den Tag zur Nacht macht und das, so warnt Youssef seine Geschäftspartnerin Muriel, ein menschliches Auge, das es ungeschützt anblickt, verbrennen kann. Die Filmkamera jedoch hält mehr aus, sie schwebt nach oben, über die blühenden Kirschbäume hinweg, unter denen die beiden in der ersten Szene des Films spazieren, und blickt direkt auf den gleissenden Lichtreif am Himmel
Genau so bricht auch das Drama, von dem André Téchinés L’ adieu à la nuit erzählt, wenig später über den Reiterhof hinein, den Muriel und Youssef auf einem wildromantisch schönen Stück Erde an der südfranzösischen Mittelmeerküste betreiben: wie ein Akt höherer Gewalt, den man filmen, aber nicht verhindern kann; und den man vielleicht auch nicht allzu genau zu verstehen versuchen sollte.
Das ist jedenfalls die Antwort, die Muriel auf die Frage erhält, was sie tun könne, um zu verhindern, dass ihr Enkelsohn Alex als Gotteskrieger in Syrien stirbt. Nichts kann sie tun, sagt ihr ein IS-Aussteiger, bei dem sie Hilfe sucht, und es lohne sich auch nicht, nach Alex’ Gründen zu fragen. Es gibt keine Gründe jenseits des (spät)pubertären Wunsches nach einem anderen Leben. Das Morden im Namen des Islam ist eine Lifestyleoption unter anderen, und ihren Lifestyle lässt sich die junge Generation nun mal ungern von einer älteren diktieren. Ob das als politische Analyse überzeugt oder nicht – aus einer filmischen Perspektive ist Téchinés Entscheidung, keinen «Film über Radikalisierung» zu drehen, sondern Muriel und auch sein Publikum vor vollendete Tatsachen zu stellen, goldrichtig; weil sich L’ adieu à la nuit dadurch aus dem engen Korsett des Themenfilms befreien kann.
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