Le Jeune Ahmed
Cannes 2019: Preis für Beste Regie
Filmkritik von Lukas Foerster
Unserem Körper können wir nicht entkommen. Er ist das erste Gefängnis.
Wir können ein paar wenige Modifikationen an ihm vornehmen; zum Beispiel kann ein Junge in der einsetzenden Pubertät den noch ziemlich unschicken Oberlippenflaum mit einem Rasierer entfernen. Aber, wie die Redewendung sagt: Aus unserer Haut können wir nicht, die Grenzen unseres Körpers sind und bleiben auch die Grenze, die uns von der Welt trennt. Die dreizehnjährige Hauptfigur von Le jeune Ahmed fühlt sich in ihrer Haut offensichtlich nicht wohl. Wenn Ahmed durch die Welt hetzt, ohne nach rechts oder links zu schauen, insbesondere ohne Augen zu haben für seine Mitmenschen, dann mag er heimlich, ohne sich das einzugestehen, vom Bedürfnis getrieben sein, seinem Körper einfach davonzurennen; allerdings erreicht er das Gegenteil: Er schliesst sich immer weiter und immer hermetischer in sich selbst ein.
Das ist erst einmal nichts Aussergewöhnliches, schon gar nicht in diesem Alter. Aber Ahmeds Körper ist besonders hermetisch und vor allem in beide Richtungen verschlossen. Nicht nur Gefängnis, sondern auch Festung, oder Rüstung (sein lockiges Haar hat etwas von einem Helm). Wenn ich nicht herauskomme, scheint er sich zu sagen, dann darf auch nichts und niemand hinein. Die Religion, eine radikale Auslegung des Islam, gibt ihm Hilfestellung. Dank ihr kann Ahmed sich einem strikten Regelsystem unterwerfen, das neben den mehrmals täglich vorgeschriebenen Gebeten insbesondere Reinigungstechniken umfasst. Wiederholt fokussiert der Film in Grossaufnahme das rituelle Händewaschen.
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