Les Choses Simples
Filmkritik von Walter Gasperi
Der auf der Überholspur lebende Manager und der wortkarge Einsiedler: Ausgelaugt wirkt diese Figurenkonstellation auf den ersten Blick, doch Éric Besnard kann daraus mit überraschenden Wendungen und den zwei blendend harmonierenden Hauptdarstellern Lambert Wilson und Grégory Gadebois sympathisches Wohlfühlkino entwickeln.
Gegensätze sind bekanntlich das Schmiermittel von Komödien. Egal ob Chaplins Tramp auf Ordnungshüter, in Howard Hawks´ "Leoparden küsst man nicht" eine exzentrische Lady auf einen steifen Wissenschaftler oder in "Ziemlich beste Freunde" ein superreicher Gelähmter auf einen migrantischen Pfleger trifft – immer wieder schlagen Filme aus solchen Oppositionen funkensprühenden Witz.
Nicht gerade originell ist auch die Geschichte vom Manager, für den die Arbeit alles ist, der aber durch eine Begegnung mit seinem Gegenpol oder aber durch eine Krankheit dazu gebracht wird, sein Leben zu überdenken. Hervé Mimran erzählte beispielsweise vor ein paar Jahren davon in "Un homme pressé – Das zweite Leben des Monsieur Alain". Immer geht es dabei um die Frage, was denn nun wesentlich im Leben ist, und Hektik, Stress und Aktion werden Entschleunigung und Kontemplation gegenübergestellt.
Diesen Gegensatz lässt Éric Besnard schon am Beginn kraftvoll aufeinanderprallen, wenn er auf eine schnelle Abfolge von hektischen Bildern von Börsenkursen, Verladung von Containern und Schnellzügen abrupt eine ruhige Totale einer abgeschiedenen Bergstraße folgen lässt. Personifiziert wird der gegensätzliche Lebensstil sogleich mit dem Manager Vincent (Lambert Wilson), dessen alter Sportwagen hier nach einer Panne am Straßenrand steht, und dem Eremiten Pierre (Grégory Gadebois), der den Gestrandeten aufliest und in seine Berghütte mitnimmt.
Die Panne des Sportwagens kann man dabei auch als abrupten Stopp im Leben des permanent durch die Welt jettenden Geschäftsmannes sehen. Er hat nicht nur mit einer Dating-App und einer Biotech-Firma ein Vermögen verdient, sondern hält auch den Geschwindigkeitsrekord im Segeln mit einem Katamaran, wurde von einer Zeitschrift zum "Sexiest Business Man of Europe" gekürt und ist ein Medienstar. Gesellschaftlich ganz oben steht Vincent, doch als ihn eine Journalistin bei einem Interview fragt, ob er glücklich sei, bricht er das Gespräch ab und erleidet eine Panikattacke.
Nicht der erste Anfall dieser Art ist das freilich und nur kurz hält er sich zunächst in der abgeschiedenen Bergwelt von Pierres Hütte auf, doch die Begegnung mit diesem Einsiedler hat ihn zum Nachdenken gebracht. So kehrt er bald zurück zu diesem Naturmenschen, der ohne elektrischen Strom und Telefon fernab der modernen Welt allein mit seinem namenlosen Hund im Einklang mit der Natur vom eigenen Gemüsegarten lebt und den Tag mit körperlicher Arbeit verbringt.
Der kaum ein Wort sprechende Brummbär will den ständig redenden Manager allerdings lieber heute als morgen los werden. Doch so vorhersehbar ist, dass sich langsam eine Beziehung entwickeln wird, so überraschend sind doch immer wieder Wendungen, die diese Feelgood-Komödie bietet. Da lüftet Éric Besnard nämlich sukzessive Geheimnisse, deckt auf beiden Seiten Lebenslügen auf und Vincent lernt nicht nur von Pierre, sondern Pierre wird auch einiges von Vincent lernen.
Weiter zur ganzen Filmkritik auf film-netz.com
Kritiken
National | International |
- Damien Brodard für cineman.ch | - Jérémie Couston für telerama.fr |
- Amande Dionne für abusdecine.fr | |
- Hubert Heyrendt für lalibre.be | |
Verleiher |
Praesens |
Kommentare
Bitte melden Sie sich Logan oder registrieren Sie sich um kommentieren zu können.