Fallen Leaves
Streaming - Release: 18.1.24 auf filmingo.ch
Filmkritik von Walter Gasperi
Die Verhältnisse sind bedrückend, doch die zarte Liebe zwischen einer einsamen Supermarktkassierin und einem alkoholsüchtigen Arbeiter leuchtet in Aki Kaurismäkis bewegender Tragikomödie: Ein meisterhaft verdichtetes, lakonisch trockenes und von grenzenloser Liebe zu den gebeutelten Protagonisten und dem Kino durchzogenes Juwel.
Schon zum wiederholten Male erklärte Aki Kaurismäki nach seinem letzten Film "The Other Side of Hope" (2017) seinen Rückzug vom Filmgeschäft, doch sechs Jahre später meldet er sich triumphal zurück. In jedem Bild, in jedem Dialog und jedem Song ist der in Cannes mit dem Jurypreis ausgezeichnete "Fallen Leaves", der vielfach als Fortsetzung der proletarischen Reihe "Schatten im Paradies" (1986), "Ariel" (1988) und "Das Mädchen aus der Streichholzfabrik" (1990) gesehen wird, unverkennbar ein Film des finnischen Meisterregisseurs.
Wieder stehen vom Leben gebeutelte, einsame Underdogs im Zentrum, wieder sind die sozialen Verhältnisse bedrückend, doch mehr noch als der Alkohol erscheint in dieser Situation die Liebe als einziger Rettungsanker.
Auf der einen Seite ist die Supermarktkassiererin Ansa (Alma Pöysti), die entlassen wird, als sie ein Wachmann denunziert, weil sie ein abgelaufenes Sandwich nicht in den Abfallcontainer geworfen, sondern in ihre Handtasche gesteckt hat. Auf der anderen Seite ist der Arbeiter Holappa (Jussi Vatanen), der seinen Job und seine Wohnung im Werkheim verliert, als seine Alkoholsucht bekannt wird.
In einer Karaoke-Bar treffen sich bei Schuberts "Serenade" ("Ständchen") ihre Blicke und man spürt in der Schnittfolge, wie die Liebe ausbricht. Doch zaghaft nähern sie sich nur. Zwar gehen sie gemeinsam ins Kino, doch dann bricht der Kontakt wieder ab, zunächst weil Holappa Ansas Telefonnummer verliert, und als sie sich doch wiedersehen, weil Ansa mit einem Alkoholiker nichts zu tun haben will, hat sie doch schon Vater und Bruder durch den Suff verloren.
So einfach im Grunde die Geschichte ist, so meisterhaft ist das inszeniert. Kaum Kamerabewegungen sind nötig, fast nur in statischen Einstellungen erzählt Kaurismäki, doch jede davon ist genau gewählt und treibt die Geschichte weiter, vermittelt bedrückende Arbeitsverhältnisse, Einsamkeit oder aber auch die erwachende Liebe.
Dazu kommt eine Farbdramaturgie, die die Bilder zum Leuchten bringt und ihnen Präsenz verleiht. Nicht nur ein Spind im Supermarkt, sondern auch das Sofa in Almas Wohnung oder Hemden und Blusen leuchten hier in einem intensiven Rot oder Blau, die unmittelbar Erinnerungen an die Farben in Nicholas Rays Western "Johnny Guitar" oder in den Melodramen von Douglas Sirk wecken.
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