Capitalism: A Love Story
Rezension von Geri Krebs
Michael Moore beherrscht die Kunst des Showbiz in- und auswendig, und er ist ein begnadeter Unterhalter. Etwas grosspurig beginnt „Capitalism, A Love Story“ mit einem im Stil der 1950er Jahre gekleideten TV-Moderator, der mit ernster Miene warnt: Menschen mit Herzproblemen sollten sich diesen Film nicht anschauen.
Es folgt der Filmtitel, dann ein Ausschnitt aus einem Hollywood-Epos über das Leben im alten Rom mit Sklaverei und Gladiatorenkämpfen. Nahtlos gehen diese Szenen über in Bushs Irakkrieg und - mit Handycam gefilmte - Sequenzen von Zwangsräumungen von Einfamilienhäusern im Herbst 2008 in den USA. Dazu säuselt eine Stimme im Off: „Das ist Kapitalismus: Ein System des Gebens und Nehmens – vor allem aber des Nehmens.“
Der Ton ist damit vorgegeben, und in seiner bewährten Methode des Mischens von Provokation, Performance und dem Zutagefördern kaum bekannter Tatsachen, wie etwa jener, dass viele US-Piloten zu solchen Hungerlöhnen arbeiten müssen, dass sie ein schweres Sicherheitsrisiko darstellen, erweist sich der erfolgreichste Dokumentarfilmer der Welt einmal mehr als begnadeter Populist im Dienst der guten Sache.
Als Ankläger und Agitator ist Michael Moore dabei unverändert grossartig, doch als Aufklärer und Analytiker hinkt er weit hinter dem zurück, was man von einem politisch engagierten Dokumentarfilmer erwarten könnte. Wenn er etwa ausführlich mit Archivmaterial über den Kapitalismus in den USA der 1950er Jahre erzählt und ein rosig anmutendes Bild der damaligen Situation zeichnet, oder am Schluss des Films eine visionäre Rede des damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt von 1944 zeigt, in welcher dieser soziale Grundrechte für alle Menschen einfordert - dann fragt man sich ernsthaft, ob dies die Welt ist, in die der 1954 geborene Filmemacher zurück möchte.
Zwar ist „Capitalism, A Love Story“ besser als Moores fahrige Vorgänger „Sicko“ und „Fahrenheit 9/11“, erreicht aber niemals die ätzende Schärfe und argumentative Brillanz seiner beiden Erfolgsfilme „Bowling for Columbine“ und „Roger & Me“. Zu letzterem schlägt dieser Film gleich an mehreren Stellen einen Bogen. Am Eindrücklichsten ist dies dort, wo Moore zusammen mit seinem greisen Vater, der einst als Arbeiter bei General Motors in Flint tätig war, auf jenes gigantische Schuttfeld blickt, an dessen Platz einmal eine der grössten Autofabriken der Welt stand – ein starkes Bild für ein selbstzerstörerisches System.
(Geri Krebs)
Kritiken
Offizielle Website | Verleiher |
www.capitalismalovestory.com | Ascot Elite |
Kommentare
Bitte melden Sie sich Logan oder registrieren Sie sich um kommentieren zu können.