Gigante
Rezension von Stefan Volk
Am Ende steht dieser Bär von einem Mann am Strand von Montevideo, und die Kamera spielt so geschickt mit der Perspektive, dass er wirklich wie ein gigantischer Riese über dem Geschehen zu thronen scheint. Am Ende von Adrián Biniez’ auf der „Berlinale“ mit dem Jurypreis ausgezeichnetem Regiedebüt wissen wir allerdings auch, dass sich hinter der massiven Gestalt von Jara (Horacio Camandule) ein sensibles, schüchternes Wesen verbirgt.
Der wortkarge Metal-Freak hat gleich zwei Jobs, die zu seiner Statur passen. Tagsüber arbeitet er als Wachmann in einem Supermarkt, abends als Türsteher in der Disco. Im Supermarkt hockt er stundenlang vor den Überwachungsmonitoren. Und wenn er mal eine Angestellte beim Ladendiebstahl ertappt, geht er zu ihr und rät ihr das Geklaute unauffällig zurückzustellen. So verstreichen die Tage, bis die junge Putzfrau Julia (Leonor Svarcas) vor Jaras Kameras auftaucht. Er verliebt sich, traut sich aber nicht, sie anzusprechen. Stattdessen beobachtet er jeden ihrer Schritte. Anfangs schleicht er ihr nur im Supermarkt, später auch auf der Strasse als heimlicher Schutzengel hinterher. Er lenkt ihren Chef ab, wenn sie in Schwierigkeiten ist, löst den Feuerwehralarm aus, wenn ihr ein Kollege Avancen macht, und wird auch mal handgreiflich, wenn jemand sie beleidigt. Nur aus seinem eigenen, gigantischen Schatten herauszutreten, traut er sich lange nicht.
Die Geschichte vom scheuen Liebenden hätte träge oder prätentiös geraten können. Biniez aber findet genau die richtige Mischung aus Komik, Thrill, einer sozialkritischen Perspektive auf Uruguay und dem liebevollen Blick auf seine Protagonisten.
(Stefan Volk)
Kritiken
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