Jakobs Ross

CH 2023, CH-Dial., 104', Regie: Katalin Gödrös, mit Luna Wedler, Max Hubacher, Valentin Postlmayr

Jakobs Ross

Filmkritik von Walter Gasperi

Herb, wortkarg, aber bildmächtig und kraftvoll: In Katalin Gödrös´ Verfilmung von Silvia Tschuis Roman träumt eine Magd in der Mitte des 19. Jahrhunderts in einem Schweizer Bergtal von einer Ausbildung zur Sängerin.

Schläge gibt es für die Magd Elsie (Luna Wedler), wenn sie während des Putzens singt. Doch die Tochter des Fabrikanten erkennt das Talent der jungen Frau, erzählt ihr von einem Stipendium und einem möglichen Musikstudium in Florenz. Der Unternehmer selbst aber interessiert sich vor allem für Elsies Körper, vergewaltigt sie und will sie loswerden, als sie schwanger wird.

Er verheiratet sie mit dem Knecht Jakob (Valentin Postlmayr), der von einem Ross und dem Aufstieg zum Fuhrmann träumt. Als Mitgift bekommt das Paar die Freiheit, eine Kuh und eine abgeschiedene Hütte, um die Elsie und Jakob ihre kleine Landwirtschaft betreiben sollen. Doch Elsie hält an ihrem Traum von ihrer Ausbildung zur Sängerin fest. Sie trifft eine Abmachung mit Jakob, dass er ihr ihre Musik lässt und sie ihn dafür bei seinem Versuch Geld für den Kauf eines Pferdes zu sparen unterstützt.

Keine Liebe gibt es in dieser Beziehung. Brutal beutet Jakob Elsie aus, verkauft ihre geliebte Handorgel, lässt sie in schlechtem Schuhwerk im Winter Milch verkaufen, reagiert mit rasender Eifersucht, als er von ihrer Beziehung zu einem fahrenden Sänger (Max Hubacher) erfährt.

Es ist eine harte und herbe Welt, in die Katalin Gödrös in ihrer Verfilmung des 2014 erschienenen Debütromans der Zürcher Schriftstellerin Silvia Tschui entführt. Wortkarg sind die Menschen und auch die elliptische Erzählweise verstärkt diese bedrückende Atmosphäre. Weite Landschaftstotalen gibt es kaum, meist ist die Kamera von Sebastian Edschmied nah an den Figuren, lässt ihnen kaum Raum, sondern engt sie ein.

In der Verdichtung vermittelt Gödrös auch eindringlich die Machtverhältnisse. Ausgeliefert sind Magd und Knecht dem scheinbar allmächtigen Fabrikanten. Aus dieser Abhängigkeit werden sie zwar entlassen, in der Ehe herrscht aber dann der Mann über die Frau. Modern ist "Jakobs Ross" aber im Kampf Elsies um Selbstbestimmung, im Festhalten an ihrem Traum, in dem sie an die Protagonistin von Barbara Alberts "Die Mittagsfrau" erinnert, und in der Entschlossenheit, mit der sie gegenüber Jakob ihre Ansprüche durchzusetzen versucht.

Die Macht der Kirche wird ebenso spürbar, wenn der Pfarrer Elsies helle Stimme als sündhaft bezeichnet, wie die Brutalität dieser bäuerlichen Gesellschaft im Verkauf eines behinderten jungen Mannes quasi als Sklave und im Vorgehen gegenüber den durchziehenden Musikern.

Sebastian Edschmied taucht die von Kaminfeuer erhellten prächtigen Innenszenen, die teilweise an Gemälde erinnern, zwar immer wieder in warme Brauntöne, doch das schmutzige und karge Ambiente lassen kaum ein Gefühl von Wärme und Wohligkeit aufkommen. Kontrast dazu bilden die Außenszenen, die trotz des Wechsels der Jahreszeiten und von Schnee zu sattem Grün nie eine Idylle, sondern eine Atmosphäre der Kälte und Härte erzeugen. Klug gewählt ist auch das Tessiner Maggiatal als Drehort, das mit seinen Steinbauten das beklemmende Bild dieser Welt noch verstärkt.
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Kritiken

- Irene Genhart für cineman.ch  
- Michael Sennhauser für srf.ch  
- Madeleine Hirsiger für arttv.ch  
   
Verleiher
Ascot Elite

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