Kampf der Königinnen
Rezension von Stefan Volk
Ein eigentümliches, Ur-Schweizerisches Thema hat sich Nicolas Steiner da für sein Regiedebüt ausgesucht. Sein Dokumentarfilm „Kampf der Königinnen“ erzählt, wie man im Wallis traditionell eine Corrida feiert.
Weder blutig noch heissblütig geht es da Jahr für Jahr zur Sache, sondern dem dortigen Menschenschlag gemäss eher beschaulich, ein bisschen kauzig, ein wenig verschmitzt vielleicht. Und statt Stieren und Toreros treten stattliche Milchkühe gegeneinander an.
Moderner „Heimatfilm“
Besonders spektakulär klingt das nicht, dafür riecht es verdächtig nach Folklore und Dorfexotik. Steiner, der seine Kinolaufbahn als Schauspieler mit einer kleineren Rolle in Mike Eschmanns Erfolgskomödie „Achtung, fertig, Charlie!“ begann, streitet denn auch gar nicht ab, mit „Kampf der Königinnen“ eine Art Heimatfilm gedreht zu haben. Es ist allerdings ein moderner, poetischer und gar nicht biederer Heimatfilm geworden. In sauber fotografierten Schwarzweissbildern und unterlegt von quirligen Flamencorhythmen berichtet der Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg, der selber in Turtmann, einem kleinem Dorf im Oberwallis bei Leuk, aufgewachsen ist, von einem Volksfest im Wallis, bei dem alljährlich in drei verschiedenen Gewichtsklassen Kühe gegen einander antreten, bis am Ende jeweils eine Kuhkönigin gekrönt wird.
Steiner schildert das, ohne selbst in Erscheinung zu treten. Stattdessen schickt er einen Radioreporter nach vorne, den Zürcher Journalisten Andreas Herzog, der für eine Reportage über den „Combat de Reines“ recherchiert, die Blicke auf sich lenkt und so zur Hauptfigur einer spielfilmartig montierten Dramaturgie avanciert. Ausser Herzog reagiert keiner der Mitwirkenden auf die Kamera. Scheinbar unsichtbar belauscht das Filmteam die Gespräche der Kuhbesitzer und Kuhtrainer.
Speichel und Späne in Super-Slow-Mo
In Parallelmontagen verfolgt Steiner verschiedene Protagonisten: Beobachter, Zuschauer, Teilnehmer. Er begleitet den Reporter, der mit grossen Städteraugen und ein wenig unbeholfen durch den Matsch stapft, eine Gruppe männlicher Jugendlicher, die zum Flirten und Feiern gekommen sind und weniger nach kapitalen Kühen als nach hübschen Züchterinnen Ausschau halten, oder blickt dem Alpbauern Beat über die Schultern, der mit seiner Prachtkuh Dominga den Titelverteidiger herausfordert, der wiederum seine eigene Kuh über Monate hinweg gezielt auf den Showdown vorbereitet hat.
Die dokumentarische Distanz schwindet im Sog scheinbarer Unmittelbarkeit, den dieser Montagerhythmus erzeugt. Die jeweiligen Erzählstränge entwickeln eine eigene, unabhängige Dynamik, ehe sie schliesslich im Blick in die Arena wieder zusammengeführt werden. In eindrucksvollen Superzeitlupen zeigt Steiner dabei, wie die Dreivierteltonner ihre massigen Leiber gegeneinander drücken. Speichel und Späne fliegen durch die Luft. Es entstehen Bilder von bizarrer Schönheit, und die Entschleunigung der Corrida auf Walliser-Art findet hier auch ihren ästhetischen Höhepunkt.
(Stefan Volk)
Kritiken
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- Thomas Hutter für outnow.ch | - Sasha Keilholz für critic.de |
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