La Chimera

IT/FR/CH 2023, OV/df, 134', Regie: Alice Rohrwacher, mit Josh O'Connor, Isabella Rossellini, Alba Rohrwacher

La Chimera

Filmkritik von Walter Gasperi

Magischer Realismus kennzeichnet Alice Rohrwachers Spielfilm über eine Gruppe von Grabräubern in Etrurien: Ein in seiner verspielt-poetischen Erzählweise, in seinem visuellen und erzählerischen Einfallsreichtum einzigartiger Film.

Nach "La meraviglie – Land der Wunder" (2014) und "Lazzaro felice – Glücklich wie Lazzaro" (2018) schließt Alice Rohrwacher mit "La chimera" (2023) ihr Triptychon über ihre etrurische Heimat ab. Im Mittelpunkt von "La chimera", der Anfang der 1980er Jahre spielt, steht der Engländer Arthur (Josh O´Connor), der nach einer Haftstrafe wegen Grabraubs mit dem Zug in die toskanische Heimatstadt seiner verstorbenen Geliebten Beniamina zurückkehrt.

Mögen der Schaffner und die Mitreisenden bei dieser Zugfahrt schon etwas schräg wirken, so bekommt dieser Auftakt durch eine parallele Szene gegen Ende des Films plötzlich eine ganz andere Bedeutung. Was nämlich auf den ersten Blick real wirkt, kann bei Rohrwacher immer ins Magisch-Mythische kippen. Keine Spielerei ist so auch, wenn das Bild mehrfach auf dem Kopf steht, sondern ein Perspektivenwechsel wird damit signalisiert und indirekt Fragen nach Leben und Tod, nach Oberwelt und Unterwelt, in die der Film manchmal real und manchmal mythisch abtaucht, aufgeworfen.

Wie sehr Arthur immer noch unter dem Tod seiner Geliebten leidet, machen schon am Beginn im 16-mm-Format gedrehte Aufnahmen von Beniamina spürbar. Ganz nah am Gesicht der jungen Frau, die mit ihrem Lachen Lebensfreude ausstrahlt, ist dabei die Kamera. Offen bleibt, wie sie umgekommen ist, doch wie Orpheus seine Eurydike scheint auch Arthur seine Beniamina zurückholen zu wollen.

Eine besondere Beziehung scheint er so zur Unterwelt entwickelt zu haben, denn er kann mit einer Wünschelrute unterirdische Hohlräume und Grabkammern ausfindig machen. Wieder wird er so mit befreundeten Grabräubern, sogenannten Tombaroli, nach Gräbern suchen, doch zunächst führt ihn sein Weg ins halbverfallene Anwesen von Beniaminas Mutter Signora Flora (Isabella Rossellini).

Hier begegnet er der jungen Italia (Carol Duarte), die mit ihrer Lebensfreude einen Gegenpol zum melancholischen und wortkargen Arthur darstellt. Werden in der baufälligen Villa Machtverhältnisse sichtbar, wenn Signora Flora Italia nicht nur Gesangsunterricht erteilt, sondern auch als Dienerin herumkommandiert, so steht dieser hierarchischen Struktur gegen Ende des Films eine rein weiblich besetzte Kommune gegenüber, die einen stillgelegten Bahnhof mit dem sprechenden Namen Reparbella renoviert.
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Kritiken

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- Michael Sennhauser für srf.ch - Guy Lodge für variety.com
- Patrick Holzapfel für nzz.ch - David Rooney für hollywoodreporter.com
- Christopher Diekhaus für cineman.ch - Peter Bradshaw für theguardian.com
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