La Cordillera De Los Sueños

CL 2019, OV/df, 85 Min., Regie: Patricio Guzmán, Dokumentarfilm

La Cordillera De Los Sueños

Filmkritik von Dominic Schmid

Nichts vermag Information länger zu speichern als der Stein. Und nichts steht dem menschlichen Geschehen gleichgültiger gegenüber als ein Felsen in einem Gebirgsmassiv auf 7000 Metern Höhe. Diese monumentale Ungerührtheit vermitteln die ersten Bilder von La cordillera de los sueños mit eisiger Schönheit.

Die Kordilleren, die achtzig Prozent der Fläche Chiles ausmachen, sind stumme Zeugen einer bewegten Landesgeschichte, bei der eine kurze Zeitspanne aus der jüngeren Vergangenheit in der Wahrnehmung ein tragisches Übergewicht eingenommen hat. Stellt man sich die Erinnerungen an diese Zeit – den Militärputsch von 1973 und die darauffolgenden Jahre der Militärdiktatur – als Gesteinssegment vor, würde dieses kaum einen Millimeter ausmachen. Ein Vulkanausbruch oder ein kleines Erdbeben brächte sie wieder zum Verschwinden.

Nach Nostalgia de la luz (2010) und El botón de nácar (2015) bereitet Patricio Guzmán erneut Metaphern dieser Art einen fruchtbaren Boden, indem er auf einzigartige, aber einfache Weise die Erinnerungen an die Diktatur mit geologischen und kosmischen Betrachtungen verknüpft, ohne sich weit vom dem Ort wegbewegen zu müssen, an dem alles stattfand. Es ist ein Kino der grösstmöglichen Kontraste, das in den sich öffnenden Spalten beindruckende poetische und politische Bilder findet. Da werden über die Erinnerungen der Zeitzeugen an die einfahrenden Panzer und Militärflugzeuge hypnotische Bilder von wabernder Vulkanasche gelegt; Nebel- und Wolkenschwaden behindern den Blick auf die Täler, wenn über die Zeit der Diktatur gesprochen wird; schliesslich sind da die Bilder der Gebirgskette selbst, die Chile vom Rest der Welt abtrennt und gleichsam zur Inselnation macht, die auf sich alleine gestellt ist.
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