Pandora's Box - Pandoranin kutusu
Rezension von Geri Krebs
Drei Geschwister, alle zwischen vierzig und fünfzig, erfahren im fernen Istanbul, dass ihre greise Mutter an ihrem Wohnort, einem kleinen Dorf über den Bergen am Schwarzen Meer, verschwunden ist. Das Geschwistertrio macht sich gemeinsam auf die Suche und findet die Mutter schliesslich in einem Wald.
Sie nehmen die verwirrte, offensichtlich an Alzheimer erkrankte Frau mit nach Istanbul, um sie hier zu pflegen. Wie im Filmtitel angedeutet, brechen durch die Präsenz der alten Dame nicht nur die verdrängten Konflikte zwischen den drei unterschiedlichen Geschwistern aus, sondern es treten auch deren jeweilige Lebenslügen offen zu Tage. Während die beiden Schwestern eher angepasst leben, ist der Bruder in jugendlichem Rebellentum erstarrt, was wiederum auf den herumhängenden und kiffenden Sohn der einen Schwester eine grosse Faszination ausübt. Als die greise Mutter auch in Istanbul wieder ausreisst, ist es just der nichtsnutzige Enkel, der einen Draht zu der äusserst willensstarken alten Dame findet und schliesslich eine berührende Freundschaft zwischen zwei Aussenseitern entstehen lässt, die gar nicht so verschieden sind.
Die türkische Regisseurin und Drehbuchautorin Yesim Ustaoglu hat vor zehn Jahren mit „Reise zur Sonne“ europaweit für Furore gesorgt und damals den Templeton Filmpreis gewonnen. Jener Film über die Annäherung zwischen einem kurdischen Politaktivisten und einem etwas naiven jungen Türken beeindruckte durch den Mut, ein heikles Thema anzupacken und durch die Sensibilität, menschliche Beziehungen unter dem Druck von Extremsituationen auszuloten. Letzteres schafft die 1960 geborene Ustaoglu nachdrücklich auch in „Pandora’s Box“. In berückend schönen Bildern und in einem Rhythmus, der in gewisser Hinsicht an fernöstliche Familiendramen erinnert, zelebriert sie die Hymne an ein Leben, das auch ein selbstbestimmtes Sterben mit einschliesst. Neben den dramaturgischen und ästhetischen Qualitäten macht vor allem die Präsenz der 90 jährigen französischen Schauspielerin Tsilla Chelton als greise Mutter – die dafür 2008 in San Sebastian den Preis als beste Schauspielerin gewann – diese türkisch–französisch–deutsch–belgische Koproduktion zu einem Kinoerlebnis.
(Geri Krebs)
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