Still Walking - Aruitemo, aruitemo
Rezension von Stefan Volk
Wie jedes Jahr versammeln sich die Yokoyamas am Todestag des ältesten Sohns im Haus der Eltern. Vor fünfzehn Jahren war Junpei gestorben, als er einem Jungen im Meer das Leben gerettet hatte. Jetzt reist Junpeis Schwester mit ihrer Familie ebenso zum gemeinsamen Gedenken an wie Ryota, der jüngere Bruder des Toten, mit Frau und Stiefsohn.
Es wird gekocht, gegessen, Ryota besucht mit der Mutter das Grab Junpeis, geht mit dem Vater an den Strand. Hinterher sitzt man erneut zusammen, isst, schwatzt, lacht. Es knallen auch mal Türen, und Ryota erhebt für einen Moment die Stimme, aber Streit bricht nie aus.
Anders als etwa Thomas Vinterberg in „Das Fest“ steuert der japanische Regisseur Hirokazu Kore-eda mit „Still Walking“ auf keine Katharsis zu. Die – zutiefst japanische – Tragik des Verschweigens wird nicht durchbrochen. Aussprachen bleiben im Keim stecken. Es gibt auch nicht das eine grosse Thema, das dräuende Tabu, das einen Showdown provozieren könnte. Aber Konflikte lauern überall, im Kleinen, zwischen den Zeilen, im Tonfall, in Blicken und im Wegblicken.
Das zurückhaltende, kleine Spiel, der grossartigen Darsteller, die wunderbar stimmigen, so vielsagend nuancierten Dialoge: das alles könnte kaum authentischer sein. Und doch hat Kore-edas filigraner Realismus nichts Sprödes, nichts Unbarmherziges. Die wie zum Atemholen eingestreuten malerischen Kameraeinstellungen von Yutaka Yamazaki und die melancholischen Gitarrenklänge von Gontiti offenbaren vielmehr die tiefe poetische Seele des ganz normalen Lebens: ungeheuer traurig und ungeheuer liebenswert.
(Stefan Volk)
Kritiken
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