TOKYO!
Rezension von Geri Krebs
Ein junges Paar quartiert sich bei einer Bekannten in deren winzig kleinem Appartement ein. Während er sich als Filmregisseur versucht, macht sie sich auf die Suche nach Arbeit und verwandelt sich dabei in ein Möbelstück.
Eine widerliche Kreatur entsteigt den Abwasserkanälen und greift auf der Strasse wahllos Menschen an; die Ernährung der Kreatur besteht ausschliesslich aus Chrysanthemen und Banknoten. Schliesslich wird das mysteriöse Wesen eingefangen und vor Gericht angeklagt, wo sich herausstellt, dass nur der Anwalt seine Sprache spricht.
Ein junger Soziopath lebt seit über zehn Jahren allein in einer Wohnung. Eines Tages wird die Pizza des Kurierdienstes von einer jungen Frau vorbeigebracht, deren Körper mit diversen Druckschaltern versehen ist, mittels denen verschiedene Emotionen ausgelöst werden können.
Mit „Interior Design“, „Merde“ und „Shaking Tokyo“ haben Michel Gondry, Leos Carax und Joon Ho Bong drei unabhängig voneinander funktionierende halblange Filme realisiert, die als Gemeinsamkeit eine Art Freak-Show aus der japanischen Metropole zelebrieren, von der man aber, entgegen dem Titel, herzlich wenig mitbekommt.
Ob die drei abstrusen Storys nun krampfhaft originell oder schlicht bescheuert sind, darüber kann man sich streiten, langweilig sind sie jedenfalls nicht. Die fast zwei Filmstunden vergehen im Flug, auch wenn dabei bisweilen der Ekelfaktor gehörig strapaziert wird, am meisten natürlich programmatisch in der zweiten Episode, wobei diese sich allerdings auch durch eine gehörige Portion Selbstironie auszeichnet.
Gemeinsam ist den drei Regisseuren, dass sie zu den meist überschätzten Cineasten der letzten zehn Jahre gehören, und dass sie sich mit einigen grenzwertigen Filmen in die oberste Liga in der Gunst eines Teils der internationalen Filmkritik katapultiert haben – allen voran Michel Gondry, dessen skurriles Liebesdrama „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“ für einige aus der Zunft ein Erweckungserlebnis war, während andererseits Joon-Ho Bong für sich in Anspruch nehmen darf, koreanisches Kino näher an Hollywood herangeführt und 2005 mit „The Host“ den grössten einheimischen Blockbuster aller Zeiten realisiert zu haben, während der verrückte Franzose Leos Carax wegen seiner psychischen Schwierigkeiten seit „Pola X“ vor zehn Jahren keinen Film mehr realisiert hat und sich nun mit „Merde“ erstmals wieder filmisch bemerkbar macht. Vom Verleih wird „Tokyo!“ als vergleichbar mit „Night on Earth“ und „Paris je t’aime“ angepriesen. Das ist nun allerdings ein bisschen gar viel der Ehre, denn die einzige Gemeinsamkeit von „Tokyo!“ mit diesen zwei meisterlichen Episodenfilme ist die lockere thematische Klammer mit der Grossstadt, die hier allerdings ziemlich zufällig daherkommt, denn Tokyo könnte überall sein.
(Geri Krebs)
Kritiken
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http://tokyo-movie.jp | Frenetic Films |
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