Tannöd
Rezension von Irene Genhart
Schreckliches ist auf dem Tannödhof geschehen. Das Dorf sei nicht mehr das Dorf, hat die Mutter Kathrin daraufhin geschrieben und ihre Tochter gebeten, nicht mehr zu Besuch zu kommen. Doch nun ist die Mutter tot.
So kehrt Kathrin in Bettina Oberlis „Tannöd“ dennoch nach Hause zurück, und wird zwischen Beerdigung, Leichenmahl und Wohnungsräumen prompt mit dem konfrontiert, was den Dörflern seit zwei Jahren den Schlaf raubt und wovor die Mutter sie bewahren wollte: Die von Häme, Misstrauen und diffuser Angst geprägten Berichte und Gerüchte um einen sechsfachen Mord, in finsterer Nacht hinterrücks begangen an einer inzestuösen Familie von einem Täter, den man noch heute unerkannt im Dorf vermutet.
Oberlis Film beruht auf dem gleichnamigen Kriminalroman von Anna Maria Schenkel aus dem Jahre 2006, beziehungsweise dem diesem zu Grunde liegenden Fall, der sich 1922 im oberbayrischen Hinterkaifeck zutrug. Er spielt in den späten 50ern, frühern 60er Jahren, hat trotz klarer Zeitzuordnung etwas Parabelhaft-Zeitloses an sich, schildert konzise das Funktionieren einer von bigotten Befürchtungen und düsteren Ängsten regierten Gesellschaft.
Düster ist „Tannöd“. Spielt da und dort vielleicht etwas zu übertrieben mit den Mitteln eines Mystery-Thrillers und auch der grosse Bogen fehlt ihm ein wenig. Doch mit einer grossartig-verhaltenen Julia Jentsch in der Rolle der schliesslich von den eigenen Ängsten eingeholten Kathrin, zudem von einprägsamer Bildlichkeit ist „Tannöd“ ein still-wuchtiges Psycho- und Dorfdrama – und nach „Im Nordwind“ (2004) und „Die Herbstzeitlosen“ (2006) Bettina Oberlis bisher unzweifelhaft reifstes Werk.
(Irene Genhart)
Kritiken
Offizielle Website | Verleiher |
www.tannoed.film.de | Pathé Films |
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