Welcome
Rezension von Geri Krebs
Der 17 jährige Kurde Bilal (Firat Ayverdi) ist aus dem Krieg in seinem Heimatland Irak geflüchtet und, wie Tausende andere auch, in der nordfranzösischen Stadt Calais gestrandet. Hier lebt er unter prekärsten Bedingungen zusammen mit unzähligen Leidensgenossen, die, ebenso wie er, im Gewirr der Hafenanlage – ständig von der Polizei gehetzt – auf die Gelegenheit zu einer Überfahrt nach England warten.
Während für die meisten der Flüchtlinge das liberale britische Einwanderungsgesetz der Grund für ihre Risikobereitschaft ist, steht bei Bilal die Liebe im Vordergrund. Mina (Derya Ayverdi), seine Verlobte, hat er in den Wirren von Krieg und Flucht aus den Augen verloren, doch mittlerweile weiss er, dass sie mit ihren Eltern in London lebt und dort auf ihn wartet. Als Bilal die Skrupellosigkeit der Schlepper kennen lernt, entschliesst er sich, sein letztes ihm verbliebenes Geld in Schwimmlektionen zu investieren - mit dem wahnwitzigen Ziel, den Ärmelkanal schwimmend zu durchqueren. Er lernt den gut situierten Schwimmlehrer Simon (Vincent Lindon) kennen, der gerade eine schwere Krise durchläuft, weil ihn seine Frau verlassen hat – für einen jüngeren Mann, der in einem humanitären Hilfsprojekt für die Flüchtlinge tätig ist.
Die unglaublichen Zustände im weitläufigen Hafengebiet von Calais sind seit Jahren ein periodisch auftauchendes Thema in den internationalen Medien, verstärkt noch, seit der französische Präsident Sakrozy 2007 gleich nach seinem Amtsantritt die Drohung wahr machte, humanitäre Hilfe an die hier Gestrandeten konsequent zu kriminalisieren.
„Welcome“ ist kein „Film über Sarkozys unmenschliche Ausländerpolitik“, sondern es ist schlicht eine der herzzerreissendsten Liebesgeschichten, die man seit längerer Zeit im Kino gesehen hat. Genau genommen sind es ja deren zwei, beide handeln von Männern, die mit ihrer grossen Liebe nicht zusammen kommen können, und die daher Schritte wagen, die sie sonst nie tun würden. Und dass dabei die Angelegenheit für den mittellosen Flüchtling ganz andere Konsequenzen hat als für den in abgesicherten Verhältnissen lebenden Westler, macht „Welcome“ schliesslich doch zu einem „politischen Film“. So politisch sogar, dass er im französischen Parlament für hohe Wellen sorgte, die bewirkten, dass heute in Frankreich von einem „Loi Welcome“ gesprochen wird, ja der Film selbst beim europäischen Menschenrechtgerichtshof in Strassburg ein Begriff ist.
(Geri Krebs)
Kritiken
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