Crossing
Filmkritik von Walter Gasperi
Eine pensionierte georgische Lehrerin sucht in der Istanbuler LGBTQIA+-Community ihre transsexuelle Nichte: Atmosphärisch sehr dichtes und stark gespieltes Plädoyer für Offenheit und Toleranz von Levan Akin.
Mit "And Then We Danced – Als wir tanzten" (2019) gelang dem in Schweden geborenen, georgischstämmigen Levan Akin vor fünf Jahren ein fulminantes Drama. Mitreißende Tanzszenen des Georgian National Ensemble verband er mit der bewegenden Geschichte eines Coming-out und einer Abrechnung mit der homophoben georgischen Gesellschaft.
Auch sein zweiter Spielfilm "Crossing" kreist um Queerness und Homophobie. Im Mittelpunkt steht die pensionierte georgische Lehrerin Lia (Mzia Arabuli), die den letzten Wunsch ihrer kürzlich verstorbenen Schwester erfüllen und deren verschwundene Tochter finden will. Diese wurde einst wegen ihrer Transsexualität von ihrer Familie geächtet und emigrierte angeblich von der heimatlichen, am Schwarzen Meer gelegenen Hafenstadt Batumi nach Istanbul.
Begleitet wird Lia auf ihrer Reise vom jungen Achi (Lucas Kankava), der den tristen Lebensverhältnissen im Haus seines Bruders entkommen will und der behauptet zu wissen, wo Tekla wohnt. Ein klassisches ungleiches Duo ergibt sich so mit der kultivierten, aber steifen Lehrerin und dem offenen, nach Orientierung und einem Job suchenden jungen Mann.
Vorhersehbar ist, dass Lia ihre Ablehnung gegenüber Achi langsam ablegen wird, dass sie sich öffnen wird und langsam auch lernen wird das Leben wieder zu genießen. Aber sie wird auch ihre einstige Homophobie ablegen, wird neugierig und offen in die queere Szene Istanbuls eintauchen.
Mit ihren und Achis Augen führt Akin die Zuschauer:innen in diese abseits der Sehenswürdigkeiten der Bosporus-Metropole gelegenen Viertel hinein. Das pulsierende Leben in den überfüllten Straßen fängt Kamerafrau Lisabi Fridell ebenso atmosphärisch dicht ein wie den Straßenstrich und die bedrückenden Lebensverhältnisse der Prostituierten.
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